Freie Ärzteschaft Mitteilung vom 30.12.2024
Freie Ärzteschaft: Die unsichere elektronische Patientenakte (ePA)
muss vor dem Roll-Out gestoppt werden!
Datensicherheitsexperten haben auf dem Chaos Communication Congress (CCC) in Hamburg
aufgezeigt, dass die angeblich sichere „ePA für alle“ aus dem Hause Lauterbach massive
Sicherheitslücken aufweist. Diese führen dazu, dass man mit wenig Aufwand auf die sensiblen
Krankheitsdaten von 70 Millionen gesetzlich Versicherten zugreifen könne. „Das Narrativ von der
sicheren ePA ist damit kurz vor der Einführung am 15. Januar 2025 gescheitert, so Dr. Silke Lüder,
Allgemeinärztin und stellvertretende Bundesvorsitzende der Freien Ärzteschaft heute in Hamburg.
„Und in Anbetracht dessen, dass es bei den Krankheitsdaten um die sensibelsten Daten der
Menschen überhaupt geht, ist eine Einführung bei bestehenden systematischen Sicherheitslücken
absolut verantwortungslos“ so Lüder weiter.
Absurde Antwort der Gematik
Die Antwort der Gematik als verantwortlicher Institution für die ePA-Einführung auf die
Veröffentlichung der Sicherheitsexperten Tschirsich und Kastl vom CCC sei nicht geeignet, irgendein
Vertrauen in die staatliche Totalvernetzung und zentralisierte Datenspeicherung herzustellen,
erläutert die Freie Ärzteschaft. Die Argumente der Gematik, die vom Chaos Computer Club
vorgestellten Angriffsszenarien seien unwahrscheinlich und schwierig durchzuführen, und man starte
ja auch nur in einigen Modellregionen – diese Argumente seien nachgerade lächerlich für die
Verantwortlichen des „weltgrößten IT-Projektes“ aus dem Bundesgesundheitsministerium. „Schlimm
ist besonders, dass Fehler in der Sicherheitskonstruktion teilweise schon seit Jahren bekannt, und
trotzdem von der Gematik in der vorliegenden Spezifikation offenbar nicht geschlossen worden sind“
so Lüder weiter.
Diese ePA ist nicht sicher!
„Wer soll denn eigentlich noch daran glauben, wenn Karl Lauterbach mantraartig davon spricht, die
ePA sei sicher“? Die beteiligten Ärztinnen und Ärzte, Patientinnen und Patienten sind doch keine
Versuchskaninchen, die man zur Erprobung eines völlig unsicheren Systems benutzen kann,“ kritisiert
die Allgemeinärztin weiter.
Der Roll-Out muss sofort gestoppt werden!
„Der verantwortungslose Umgang von Regierung, Krankenkassen und Gematik mit den
Krankheitsdaten der Bürger in Deutschland zeigt sich nicht nur an dem Offenlassen von
Sicherheitslücken“, ergänzt Wieland Dietrich, Bundesvorsitzender der Freien Ärzteschaft. Er zeige sich
auch daran, dass Arztbriefe künftig nicht mehr der gemeinsamen Behandlung einzelner Patienten
dienten, sondern nach dem Stecken einer Gesundheitskarte allen Mitarbeitern zahlreicher
Einrichtungen für längere Zeit zur Verfügung stünden, insgesamt 2 Millionen Menschen. „Es kann also
künftig der Mitarbeiter einer medizinischen Fußpflegepraxis lesen, was der Psychiater oder der
Urologe geschrieben haben – damit ist die ärztliche Schweigepflicht nur noch Geschichte“, kritisiert
Dietrich heute in Essen. „Auch aus diesem Grund fordern wir den sofortigen Stopp des Roll-Outs der
geplanten Patientenakte! Andernfalls ist der Gesundheitsminister für jeden
Datensicherheitsskandal persönlich verantwortlich zu machen“, erklärt Dietrich.